Bündnis aktiver Fußballfans (B.A.F.F.) – Interview

B.A.F.F. ist ein bundesweiter Zusammenschluss von Faninitiativen und Fußballvereinen, der sich neben Kampagnen gegen Kommerzialisierung und für den Erhakt von Stehplätzen in Stadien auch mit dem alltäglichen Rassismus in deutschen Stadien beschäftigt

Wir haben mit Christos Figas von B.A.F.F. ein Interview zur Arbeit der Initiative geführt.

Was ist B.A.F.F. und seit wann seid Ihr aktiv?

B.A.F.F. wurde 1993 von Fans von 15 verschiedenen Fußballvereinen gegründet. Der ursprüngliche Name war: »Bündnis antifaschistischer Fanclubs und Faninitiativen«. Dieser Name wurde erst mit der Umwandlung 1998 in »Bündnis aktiver Fußballfans« geändert. Das war eine nicht unumstrittene Namensänderung, aber damit sollte eine Öffnung gegenüber den Fanszenen signalisiert werden. Dafür wurde in der Grundsatzerklärung und später auch in der Satzung folgende Prämisse festgelegt: »B.A.F.F. tritt Ausländerfeindlichkeit, Rassismus, Diskriminierung und Sexismus im Zusammenhang mit Fußballspielen aktiv entgegen.«

Dossier #2: Debatten, Aktionen und Projekte vor, die sich mit Rassismus im Stadion beschäftigen und dabei Methoden der medialen Vermittlung und Vernetzung erproben.

  1. Rassismus im Stadion
  2. Bündnis aktiver Fußballfans (B.A.F.F) – Interview
  3. FIFA-Weltkongress erstmalig zu Rassismus
    (Gerd Dembrowski)
  4. Roter Stern Leipzig ’99 e.V.
    (maso)
  5. DoppelPass on Air
  6. Stimmung machen gegen Rassismus
  7. Medienpreis Jugend gegen Rechtsextremismus verliehen
  8. Charity Award für FARE
  9. Antirassistische Fußball-WM
  10. Eurofighter
  11. Links zum Thema
  12. Termine

Wie seid Ihr organisiert und wie gestaltet Ihr Eure interne Kommunikation?

Seit 1998 als Verein. Derzeit sind wir um die Gemeinnützigkeit bemüht, weil wir für unsere Ausstellung Tatort Stadion finanzielle Zuschüsse erhalten könnten.(1)

(1) inzwischen wird diese Ausstellung von D-A-S-H unterstützt

Bei B.A.F.F. sind derzeit 140 Einzelmitglieder, die zum Großteil Anhänger von St. Pauli sind, und 20 Gruppen als Fördermitglieder organisiert. Das Konzept der Regionalgruppen hat nur phasenweise Bestand. Kontinuität haben allerdings die Sommer- und Wintertreffen. Im Sommer finden z.T. die Mitgliederversammlungen im Rahmen der Fankongresse, die für alle Interessierten offen sind, statt. Die Fankongresse hatten immer auch mobilisierenden Charakter und zeitweise kamen über 300 TeilnehmerInnen zusammen.

Die Kommunikation erfolgt über halbjährliche Mitgliedsrundbriefe und seit diesem Jahr über eine sehr aktive mailgroup, an der ca. 70 Mitglieder aktiv teilnehmen.

Seid ihr eine bundesweite Organisation, gibt es Ortsgruppen oder eher vereinsbezogene Gruppen?

Unsere Mitglieder sind zumeist diejenigen Aktivisten, die in der jeweiligen Fanszene sehr aktiv sind. Meist sind es die Leute aus den Faninitiativen gegen Rechts oder den fortschrittlichen Fanzines, deren Gesamtauflage übrigens bundesweit 20.000 Exemplare pro Nummer überschreitet. Aber unsere Anliegen vertreten wir bundesweit. Wir arbeiten kampagnenmässig. Feste B.A.F.F.-Gruppen, die ausschließlich zu B.A.F.F. arbeiten, gibt es nicht.

Wichtiger als unter dem B.A.F.F.-Label zu agieren, sind für alle die lokalen Aktivitäten. Allerdings findet sich das B.A.F.F.-Logo auf vielen Homepages und in vielen Fanzines. Und mit dieser B.A.F.F.-Zusammengehörigkeit zeigen wir klar Flagge.

Gibt es Verbindungen zu anderen Organisationen?

Ja, es besteht eine Verbindung zu FARE, einem europäischen Netzwerk verschiedener gegen Rassismus im Fußballkontext arbeitender Gruppen und Organisationen.

Die Anlehnung an Parteien oder ähnliches wird mit großer Skepsis betrachtet.

Der UEFA-Award wurde dem FARE-Netzwerk verliehen. Hat das auch Auswirkungen auf B.A.F.F.?

Was den UEFA-Award angeht, werden wir wohl im nächsten Jahr davon profitieren; das Preisgeld wird auf die im Netzwerk aktiven Organisationen verteilt.

Zu welchen europäischen Gruppen habt ihr Kontakte?

Verbindungen bestehen insbesondere nach Italien und England. In Italien ist unser Ansprechpartner Progetto Ultra in Bologna und in England die FSA (Football Supporter Assoziation).

Wie funktioniert eine Zusammenarbeit auf europäischer Ebene? Gibt es gemeinsame Projekte?

Die Ausstellung »Tatort Stadion« ist ein Stück weit etwas gemeinsam europäisches, zumindest von der Förderung her und der Unterstützung der europäischen »Partner«. Wir haben seinerzeit auch etwas zu einer antirassistischen Fußball-Ausstellung in Manchester beitragen können und beim ersten Italienweiten Ultra-Treffen waren verschiedene B.A.F.F.-AktivistInnen anwesend und berichteten über die »deutschen Erfahrungen« hinsichtlich fanszenenübergreifender Organisierung. Auch beteiligten sich Gruppierungen von B.A.F.F. im Frühjahr diesen Jahres an der FARE-Aktionswoche gegen Rassismus, mittels Aufkleber, Transparenten und Veranstaltungen.

Mit welchen Themen beschäftigt sich B.A.F.F.?

Die Hauptarbeit richtet sich gegen Rassismus, Kommerzialisierung und für den Erhalt der Stehplätze, als der Ausdruck der Fankultur schlechthin. Bei allen drei Themen konnten Erfolge erzielt werden. Allerdings in dem Sinn, dass man die B.A.F.F.-Arbeit als Lobbyarbeit verstehen muss. Wenige Leute veranstalten mit ihren guten Kontakten viel Wirbel, bzw. verstehen es über eigene Medien, wie den Fanzines oder Homepages andere zu motivieren und mobilisieren.

In Sachen Rassismus wurden bei einigen Vereinen ein sogenannter Anti-Rassismus Paragraph in die Stadionordnung oder Vereinssatzung aufgenommen oder es wurden Initiativen mit Spielern, Fans und Funktionären veranstaltet. Das »Sowieso-Fans« gegen Rechts hat sich als Banner und Aufkleber zu einem festen Bestandteil vieler Fanszenen entwickelt.

Hinsichtlich der Kommerzialisierung erreichte erst kürzlich unser Aufruf zum Premiere/Decoder-Boykott bundesweite Aufmerksamkeit. Und sogar ein kleines Ergebnis: Die Kirch-Medien-Gruppe musste mit ihren kommerziellen Vorhaben ein wenig zurück rudern.

Auch in Sachen Kampf gegen die Versitzplatzung wurden Erfolge erzielt, von denen man vor Jahren nicht zu träumen wagte. Unter anderem in Hamburg, Nürnberg, Schalke und vielen anderen Vereinen wurden entgegen der Weisung der UEFA die Stehplätze erhalten, in den neuen Arenen größtenteils in Absprache mit der Fanszene. Es wurden umrüstbare Stehplätze konstruiert, die sich bei internationalen Begegnungen oder Länderspielen zum Sitzplatzbereich umfunktionieren lassen. Allerdings sind z.B. in Leverkusen und Kaiserslautern Ränge entstanden, die die Bewegungsfreiheit, und um die ging es uns hauptsächlich, stark einschränken.

Führt Ihr gerade Projekte durch? Wenn ja, wie sehen die aus? Wo finden sie statt und wer nimmt teil?

Das derzeit größte Projekt ist die Ausstellung »Tatort Stadion«.

Sie wird Anfang November in Berlin eröffnet werden und soll dann durch die Lande ziehen. Mit dieser Ausstellung wollen wir die Aufmerksamkeit darauf richten, dass das Thema Rassismus und Einflussnahme der Nazis auf den Fußball und die Fankurven noch lange nicht vorbei ist, auch wenn man nur noch selten die "uh-uh³ Rufe gegen farbige Spieler hört. Es ist auch geplant diese Ausstellung ins Netz zu stellen und mit Hilfe von D-A-S-H fortzuführen. Wir wollen auf einer eigenen Homepage rassistische Übergriffe, rassistische Parolen u.ä. um und in den Stadien, Neonaziauftritte in den Kurven sowie den Widerstand dagegen dokumentieren und der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Gedacht ist an eine tagesaktuelle Seite, die sich als seriöses Recherche-Projekt in der Fußballszene etabliert.

Geplant ist dafür auch eine umfangreichere Zusammenarbeit mit fortschrittlichen Fan-Projekten, Faninitiativen, Fanclubs, Vereinen und auch antifaschistischen Gruppierungen.

Das andere Projekt ist eine Broschüre über Polizeiübergriffe gegen Fußballfans. Die Sache befindet sich noch in der Ideen-Sammel-Phase, soll aber beim Wintertreffen besprochen werden. Mit macht, wer aktiv dazu beiträgt und sich auf die nicht ganz einfache Form der Zusammenarbeit quer durch die Republik einlässt.

Gibt es in Bezug auf Antirassismusarbeit im Stadion eine Perspektive?

Ja, die gibt es. Überall, wo Fans dagegen mobil gemacht haben, hat sich was verändert. Meist waren andere Besucher des Stadions regelrecht dankbar, dass jemand eine solche Initiative startet und schlossen sich an. Jüngstes Beispiel ist 1860 München. Die Initiative Löwenfans gegen Rechts hat einen immensen Zulauf und Zuspruch.

Auch in den Vereinsforen wird heftigst deswegen diskutiert und insbesondere da kann man feststellen, dass es mehr Leute sind, als man vermuten konnte, denen der Rassismus im Stadion stinkt. Selbstverständlich kann man diese Thematik nicht losgelöst von der gesamtgesellschaftlichen Situation betrachten. Aber der Ansatz von B.A.F.F., dort zu handeln, wo man sich bewegt, wird allwöchentlich umgesetzt.

In den letzten Jahren ist es gelungen Rassismus im Stadion überhaupt als Thema in den Blickpunkt des Interesses zu rücken und dabei eben auch Erfolge zu erzielen.

Andererseits bedeutet die Abwesenheit rassistischer Rufe und Sprechchöre leider nicht, dass sich deswegen die Menschen geändert hätten. Bestenfalls »gehört sich das nicht« oder »gehört nicht hierher«. Längerfristige Bewusstseinsänderungen dauern eben auch bei Fußballfans Jahre.

Welche Tendenzen sind in bundesdeutschen Stadien beobachtbar?

Die Nazis sind weiterhin da, konzentrieren sich aber zumeist auf die Beziehungsarbeit. Immer wieder kommt es zu negativen Höhepunkten, wie neulich als Herthafans ein besetztes Haus in Babelsberg angriffen oder Essener Fans lautstark »Ausländer raus« skandierten.

Allerdings ziehen solche Ereignisse inzwischen auch immer wieder Gegenreaktionen nach sich. D.h. in den Fanszenen äußern sich Leute gegen das Auftreten der Nazis oder positionieren sich zumindest mittels Transparenten, offenen Briefen und ähnlichem. Es ist heutzutage nicht mehr denkbar, dass eine gesamte Fanszene (wie noch vor einigen Jahren gut möglich) widerspruchslos (und von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt) rechten Müll von sich gibt und dementsprechend handelt. Das scheint mir auch eine Ergebnis der B.A.F.F.-Arbeit zu sein.

Was glaubt Ihr, welche Möglichkeiten es für aktive Fans gibt, etwas gegen Rassismus im Stadium zu tun?

Nachweislich ist die Herausgabe eines fanszenenbezogenen Fanzines eine der besten Methoden etwas gegen Rechts zu tun. Damit kann man die eigene Auffassung publizieren und sich durch Witz und Kreativität von den dumpfen Hassparolen der Gegenseite abheben. Auch die langfristige Arbeit in Faninitiativen und der Einsatz für Faninteressen verschaffen den Gruppen und Einzelpersonen das notwendige Standing in der Fanszene.

Wie schätzt Ihr Vereinsaktivitäten ein? Wie glaubwürdig und wie erfolgreich sind solche Projekte und Initiativen?

Die Vereine unternehmen, mit wenigen Ausnahmen, nur etwas, wenn sie dazu getrieben werden. Selbstverständlich vermeiden sie, wo es nur geht, politische Äußerungen, um sich nicht mit einem Teil ihres zahlenden Publikums anzulegen. Allerdings gibt es überall wache Köpfe. So hielt z.B. vor einem Jahr der Mannschaftskapitän von Energie Cottbus eine flammende Rede gegen rassistische Menschjagd. Der DFB und seine Initiativen haben nur das Ziel, den Fußball pflegeleicht und gut vermarktbar zu gestalten. In der Hinsicht stören natürlich hässliche, rassistische Parolen oder furchterregende Glatzköpfe. Andererseits führte die Debatte um »die Krise des deutschen Fußballs« zu äußerst rassistischen »Initiativen zur Ausländerbegrenzung« in deutschen Vereinen. Diese Vorschläge und teils schon in Beschlüsse umgewandelte Vorstöße einiger Sport- Funktionäre führen alle öffentlichen Bekenntnisse (»Mein Freund ist Ausländer«, »Gegen Gewalt und Fremdenhass«) ad absurdum.

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